Nach dem Tod ihres Vaters reist die 16-jährige Pell Davies nach Capri, um ihre Mutter zu überreden, nach Hause nach Rhode Island zurückzukehren. Pell war 6 und ihre Schwester Lucy 4 Jahre alt, als Lyra Nicholson Davies die Familie verlassen hat. Nach 10 Jahren wird Pell ihre Mutter zum ersten Mal wieder treffen und vielleicht erfahren, weshalb die Mutter damals Hals über Kopf ihrem alten Leben den Rücken gekehrt hat.
Erst mal: Das Thema ist kein leichtes. Eine Mutter, die ihre 4 und 6-jährigen Töchter beim Vater lässt und einfach für 10 Jahre aus deren Leben verschwindet, hat wohl einen schwerwiegenden Grund dafür. Und genau dieser Grund hat mich durchhalten lassen, denn mehrere Male hätte ich das Buch am liebsten abgebrochen.
Was hat mir an der Geschichte gefallen? Die Insel Capri, das Leben dort mit den lauschigen Abenden auf der windgeschützten Terrasse am Meer ist sehr atmosphärisch beschrieben und hat mir gut gefallen.
Was hat mir nicht gefallen? Die Autorin wirft den Leser regelrecht in die Geschichte und verzichtet auf eine Einführung in die Figuren und ihre Lebensumstände. Mehrere Male war ich verwirrt von all den Namen und Beziehungen und ich habe tatsächlich nachgeschaut, ob dieses Buch nicht der zweite oder dritte Teil einer Serie ist? Ist es nicht, es ist einfach nicht verständlich aufgebaut.
Dann zu den Figuren: die sind fast alle eher lieblos und flach. Immer wieder konnte ich Aussagen oder Handlungen nicht nachvollziehen. Luanne Rice hat wohl wegen der flachen Charakterisierung allen irgendein persönliches Problem angedichtet. Pell, die übrigens nie und nimmer nur 16 Jahre alt ist, so wie sie sich gibt und spricht, ist ein verlassenes Kind mit einem gerade verstorbenen Vater und besagten Mutter, die sich 10 Jahre lang keinen Deut um die Töchter kümmert. Schwester Lucy hat psychische Probleme und Schlafstörungen, die sich gewaschen haben. Ein wichtiger Freund von Lyra ist Max, dessen Frau Demenz hatte und die aus undurchsichtigen Gründen von Lyra bis zum Tod gepflegt wurde. Dies wohl, dass man als Leser nicht ganz so schlecht von Lyra denkt.
Dann: Ueberraschung! Auch der ehemals drogensüchtige Bad Boy fehlt in der Geschichte nicht.
Der Schreibstil holpert ab und zu und ich denke, das ist der Uebersetzung geschuldet. Ich denke auch, wer eine anspruchslose Geschichte mit vielen Gesprächen zwischen blutleeren Figuren lesen will, ist mit „die azurblaue Insel„ gut beraten.