Wieder einmal hat es erst eine Animeumsetzung gebraucht, um mich auf einen Titel aufmerksam zu machen. Nicht dass ich den Anime geschaut hätte, aber “Frieren” hat sich plötzlich in den sozialen Medien breit gemacht. Und mein Interesse geweckt - denn die Synopsis kannte ich so noch nicht.
Ich lese nicht viel “klassische”, Sword-and-Sorcery Fantasy. Erst recht nicht als Manga. Habe als Kind/Jugendlicher zu viele Videospiele dieses Genres gespielt. Darauf erscheint mir irgendwie alles so ähnlich…
Was aber, wenn die Synopsis nach dem “Endgegner” beginnt? Wie im Untertitel vermerkt eben “nach dem Ende der Reise”, nachdem die typische Heldentruppe den Dämonenkönig bereits besiegt hat? Nur selten befasst sich Fantasy mit den Nachwirkungen; wenn dann epiloghaft in Form eines Wiederaufbaus oder dann als Sequel mit neuer Bedrohung.
Frieren, die Magierin der Truppe, wird als Elfe tausende von Jahren alt. Das Abenteuer mit den anderen Helden nahm für sie nur einen kurzen Moment ihres langen Lebens ein. Der Manga folgt Frieren, wie sie ihr weiteres Leben bestreitet - und bald auch Abschied von ihren ehemaligen Kameraden nehmen muss, aber auch wieder neue Gefährten findet - für eine gewisse Zeit.
Thema ist hier die Diskrepanz in den Beziehungen zwischen kurz- und langlebigen Spezies. Wer Haustiere hat oder hatte, kann bis zu einem gewissen Grad eine Parallele ziehen - wobei es sich hier um Spezies von vergleichbarer Intelligenz und Kommunikationsfähigkeiten geht.
Für Frieren ist vieles, was die kurzlebigen Menschen angeht, unverständlich. Doch die zehn Jahre mit der Gruppe sind nicht spurlos an ihr vorbeigegangen - allerdings lernt sie dies erst viel später, zusammen mit den Lesern, einzuordnen.
Der Manga ist episodenhaft aufgebaut und liest sich sehr flüssig. Die Fantasy ist typisch, bedient sich altbekannter Tropen, dient daher eher als Kulisse, wodurch man sich voll auf Frieren und die anderen Protagonist*Innen einlassen kann. Mit den Figuren muss man erst etwas warm werden, Stereotypen lassen sich nicht vermeiden, aber ich habe innert Kürze alle ins Herz geschlossen. Und das ist es, was den Manga für mich in die 5-Sterne Kategorie hebt: Diese unscheinbare, fast schon simple aber herzerwärmende Atmosphäre, die sich beim Lesen bei mir einstellt. Auch der zum Teil trockene, aber nie übertriebene Humor tut seinen Teil dazu.
Und dann wären da noch die Szenen ohne Text. Immer wieder gibt es Abschnitte, in denen Frieren und ihre Gruppe sich für längere Zeit an einem Ort aufhalten. Was sie in dieser Zeit tun, wird mithilfe weniger, textfreier Panels eingefangen, und zwar auf eine Weise, wie ich es noch selten gesehen habe. Abe versteht es ausgezeichnet, mit Bildern Geschichte, Stimmung und Charakterbildung in einem zu transportieren. Wahrscheinlich ist es dies in Kombination mit Yamadas konzisen Texten, was den Figuren so viel Charakter verleiht.
Diese Reihe darf gerne noch lange weitergeführt werden 🙂