Urlaub in einer Stadt, einem Touristenmagnet (es muss Venedig sein) - Mary und Colin, seit 7 Jahren ein Paar ohne Kinder (Mary hat 2 Kinder). Ihr Ferientag verläuft der Beschreibung nach eintönig. Sie kleiden sich sehr sorgfältig, gehen auf Suche nach einem Restaurant, verirren sich manchmal ein wenig in der Stadt, kommen an Plätzen, Kirchen, Monumenten vorbei, welche Touristen zu besichtigen pflegen. Ihre Beziehung ist nicht spannend, aber seltsam. Sie reden wenig, betrachten ohne zu sprechen dasselbe. Eines Tages, als sie sich verirrt haben, begegnet ihnen Robert. Daraus entwickelt sich dann der zunehmend skurrile Teil der Geschichte. Robert lädt sie zu sich ein, in sein Haus, das er mit seiner Frau Caroline bewohnt. Es sind also zwei einander fremde Paare, die sich begegnen. Mary und Robert werden auch eingeladen, über Nacht zu bleiben - die Einladungen sind so eindringlich, eher eine Nötigung. Als sie am Morgen erwachen - nackt, wie sie eingeschlafen sind - sind die Kleider verschwunden. Caroline eröffnet, dass Robert sie angewiesen hat, die Kleider nur auszuhändigen, wenn sie einwilligen, noch zu bleiben zum Essen.
Es entstehen Gespräche - ein eigenartiger Austausch über Liebe, Beziehung. Zurück im Hotel verändert sich die Art, wie Colin und Mary miteinander umgehen. Sie reden miteinander, schlafen lustvoll miteinander und sind sich nahe wie am Anfang ihres Kennenlernens, nur tiefer. Die Begegnung mit Robert und Caroline wiederholt sich.
Es geht in diesem Buch um Liebe, um Macht, um das Miteinander in Beziehungen - Abgründe, Machtspiele, die auf die eine oder andere Art stattfinden können.
Wie ich es in Ian Mc Ewans Romanen immer wieder antreffe, versteht er es meisterhaft, ein Thema sehr vielschichtig und dabei immer implizit einzubringen. Es ist beklemmend, aufwühlend zu lesen, gleichzeitig kann man die Sprache sehr geniessen. Seine Art, Begebenheiten eher trocken und wie hingeworfen zu beschreiben, ist faszinierend. Ich kann mich irren, aber mir scheinen die Werke des noch jungen Autors mit mehr Tücke gespickt. Immer aber schildert er Abgründe und ist ein scharfer Beobachter von Menschen.
Ich habe das Buch kaum weglegen können - es ist sehr dicht geschrieben. Nach dem Weglegen muss ich nun den Kopf durchlüften und will mich an das Buch erinnern - eine grosse Leseempfehlung.
Als Individuen waren sie nicht leicht gekränkt; aber gemeinsam gelang es ihnen, einander auf überraschende, unerwartete Weise zu kränken; dann irritierten den Kränkenden - es war zweimal seit ihrer Ankunft geschehen - die Überempfindlichkeit des anderen, und sie setzten die Erkundung der gewundenen Gassen und unvermuteten Plätze schweigend fort, und mit jedem Schritt wich die Stadt zurück, während sie sich tiefer in der Gegenwart des anderen verschlangen.
“Und obwohl sie sich dafür hassen, die Frauen sehnen sich nach der Herrschaft der Männer. Das liegt tief in ihrem Innern. Sie belügen sich selbst. Sie reden von Freiheit und träumen von Knechtschaft”. Robert massierte beim Reden sanft Colins Schulter…
… dann hatte sie (Mary) halb weinend, halb lacend gesagt: “Warum macht es einem solche Angst, jemand so sehr zu lieben? Warum ist es so beängstigend?” Aber sie blieben nicht auf dem Bett. Sie erinnerten einander an ihr Versprechen, an den Strand zu gehen, und sie rissen sich los, um die Handtücher zu packen.