Auf dieses Buch war ich schon sehr lange gespannt. Vor allem, weil ich die Autorin neu für mich entdeckt hatte und all ihre Werke lesen möchte. Diesmal geht es um eine tiefgründige Gay-Romance; zwei Charaktere, die aus unterschiedlichen Welten kommen. Jedoch haben beide mit Schuldgefühlen zu kämpfen, doch weswegen?
Jonas kommt vom Land und ist streng katholisch erzogen. Es hat ewig gedauert, bis er ihren Segen hatte in Zürich Argarwissenschaften zu studieren. Sein Cousin Martin lebt dort und Jonas kann bei ihm unterkommen, solange Martin ein Auge auf ihn hat. Jonas ist hoch motiviert und möchte endlich in einer belebenden Stadt sein Glück finden, ohne seine strenggläubigen Eltern im Rücken zu haben. In der WG ist jedoch noch Lucien, der ihn gleichzeitig irritiert und fasziniert.
Lucien ist Künstler, Raucher, trinkt gerne und lebt seine Sexualität offen aus. Für nichts auf der Welt möchte er sich seine Freiheit nehmen lassen. Denn solange er malen kann, ist die Welt für ihn in Ordnung. Doch dann kam Jonas in sein Leben und Lucien’s Dämonen drohen ihn mehr und mehr zu erdrücken. Warum ist er so von Jonas fasziniert und irritiert zu gleich? Lucien ist so überfordert, dass er sich mehr und mehr verliert.
Ich war sogleich in der Geschichte drin. Mir gefiel, wie die Autorin das Setting beschrieb. Ich kenne Zürich ein wenig, dennoch war es für mich neu, wie lebhaft die Bilder in meinem Kopf entstanden sind. Jonas ist wortwörtlich die Unschuld vom Lande, währen Lucien sein Leben lebt. Zwei Welten prallen aufeinander, denn Jonas ist von Lucien erschüttert. Trotzdem fasziniert ihn, wie Lucien sein Leben lebt. Jonas ist im Laufe der Geschichte immer verwirrter und hat langsam aber sicher mit sich selbst zu kämpfen. Sein Cousin Martin ist zwar mit ihm aufgewachsen, dennoch scheint er an Gott nicht mehr zu glauben, was ihn natürlich schockiert hat. Jonas grübelt sehr oft über seine Gedanken und Gefühle, da er auf dem Land diese nie kennengelernt hat, resp. kennenlernen durfte… Langsam aber sicher zweifelt er an seinen Glauben, obwohl alles in ihm schrie wieder auf dem Pfand der Tugend zu bleiben. All diese Gefühle wurden so wunderbar authentisch beschrieben, obwohl ich als Nicht-Gläube dies überhaupt nicht kenne. Auch von Lucien’s Vergangenheit erfuhren wir immer mehr. Schliesslich stellte man bald fest, dass beide doch nicht so unterschiedlich sind wie man zuerst denkt. Denn beide haben Schuldgefühle und versuchen sich auf ihre Art und Weise zu bestrafen. Es ist eine pure Achterbahn der Gefühle. Mal kommen sie sich näher, mal ignorieren sie sich wieder und keiner von ihnen kann den anderen richtig verstehen. Bei Jonas steht der Glaube im Weg und weigert sich diese loszulassen und der zu sein, der er wirklich ist. Und Lucien plagt die Vergangenheit so sehr, dass er sich immer und immer wider betäubt, damit er überhaupt damit klar kommt. Ich hatte immer wieder Pipi in den Augen und wollte die beiden am liebsten in die Arme nehmen. Die Anziehungskraft ist all gegenwärtig und spürbar. Die expliziten Szenen sind authentisch und heiss und überhaupt nicht fehl am Platz.
Eins ist klar: wer sein ganzes Leben lang in Ketten verbracht hat, ist es schwierig zu sich selbst zu finde und braucht definitiv Zeit und vertrauen. Mich hat dieses Buch sehr berührt und die Protagonisten habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen. Ein absolutes Highlight. Nun freue ich mich auf die Fortsetzung. Absolut empfehlenswert!