Sprachlich experimenteller, teils poetischer, rhythmischer und vielseitiger Roman über einen Teenie im Jahr 1995.
Shy (16) wohnt im Last Chance, einer Unterkunft für straffällig gewordene Jugendliche. Er war schon als Kind anders, rastloser, in Selbstgespräche vertieft, ein Aussenseiter. Als Jugendlicher kommen Unsicherheiten, eine mangelnde Impulskontrolle, Aggressionen und stark wechselnde Emotionen hinzu. Seine Drogenexperimente tragen ihren Teil dazu bei. Mit sich im Reinen ist er einzig in der Musik, dort kennt er sich aus, monologisiert in eigenen Songtexten, träumt vom eigenen Plattenlabel. In einer rabenschwarzen Nacht, als er, einen mit Steinen gefüllten Rucksack auf dem Rücken, in Richtung eines Teiches marschiert, füllt sich sein Kopf mit Gedanken an Gestern, Heute und Morgen. Zeiten überlappen sich, Erinnerungen mischen sich und am nächsten Morgen ist alles gleich und doch ganz anders.
Max Porter schreibt mal aus der 1., mal aus der 3. Person von Shy. Er spielt mit Interpunktion, Satzlänge, Anordnung, Kursivschreibung und anderen Schriftarten und verdeutlicht so die Zeiten, durch die Shys Gedanken rauschen. Beeindruckend, wie er den Text immer wieder rhythmisiert – und bewundernswert, wie Matthias Göritz und Uda Strätling dies ins Deutsche übertragen. Lautmalereien und teils derbe Umgangssprache sorgen für einen authentischen Ton. Porter fühlt sich ein in seinen Protagonisten, für den er nach dieser einen Nacht keine Lösung parat hat. Trotzdem ist das Ende hoffnungsvoll.
Der Einstieg in «Shy» fällt sicher nicht allen leicht. Aber wer sich darauf einlassen mag, darf sich auf einen ungewöhnlichen und umso lohnenderen Text freuen.