Und wieder hat mich Amélie Nothomb begeistert mit ihrer eloquenten, leichten, lustigen und abenteuerlichen Art, Geschichten zu erzählen.
In «Der belgische Konsul» lässt sie ihren Vater, Patrick Nothomb, als Ich-Erzähler von seiner Geiselnahme 1964 in Stanleyville, Kongo erzählen, wo er als belgischer Konsul tätig war. Er beginnt damit, vor ein Erschiessungskommando treten zu müssen, und blickt dann zurück auf sein Leben: der frühen Tod des Vaters, den er nie kennenlernte, das Aufwachsen bei seinen Grosseltern mütterlicherseits, die prägenden Ferien bei seinem Grossvater väterlicherseits und wie er schliesslich Diplomat wurde und die mehrmonatige Geiselnahme erlebte.
Nothombs grosse Kunst besteht in meinen Augen darin, reale Ereignisse mit literarischer Leichtigkeit wiederzugeben. Der Erzählton, den sie ihrem Vater verleiht, passt zur damaligen Zeit, wirkt also etwas antiquiert. Wenn er in seine Kindheit eintaucht, vergessen wir, dass er eigentlich rückblickend erzählt. Seine Wortwahl und Erzählweise, die natürlich nicht so ganz zu einem Kind passt, verleihen dem Text den für Nothomb typischen Humor. Die zeitliche Distanz lassen ihn die teils rauen Bedingungen der Ferien bei den Nothombs wie ein grosses Abenteuer erzählen. Entstanden sind mehrere Momentaufnahmen aus dem Leben ihres Vaters und ein Stück belgischer und kongolesischer Geschichte.
Amélie Nothombs schmalen, schnell gelesenen Bücher bieten mir immer wieder eine wunderbare Gelegenheit, mich für wenige Stunden ganz in eine Geschichte fallen und mich dabei bestens unterhalten zu lassen. «Der belgische Konsul» ist da keine Ausnahme.
Mit derselben Leichtigkeit und Eloquenz ins Deutsche übertragen von Brigitte Große.