Seraina Kobler kehrt nach ihrem Debütroman “Regenschatten” zurück nach Zürich im ersten Fall ihrer Ermittlerin Rosa Zambrano in “Tiefes, dunkles Blau”.
Ein Mann wird aus dem Zürichsee geborgen und Rosa Zambrano, die bewusst von der Kripo zur Seepolizei gewechselt war, soll als Bindeglied zwischen den beiden Behörden bei den Ermittlungen helfen. Wurde er von seiner baldigen Ex-Frau umgebracht, von der Dame vom Escort-Service, von seiner unauffindbaren Freundin, seiner Geschäftspartnerin oder doch von jemand ganz anderem?
Kobler schreibt erneut nicht chronologisch, sondern nimmt zuerst den Fund des Opfers vorweg, geht dann zehn Tage zurück und erzählt ab da. Dadurch und weil sie als allwissende Erzählerin die Perspektiven wechselt, ermöglicht sie uns mehr als einmal einen Wissensvorsprung, ermöglicht uns also das Mit-Ermitteln, verhindert so aber auch überraschende Wendungen.
Rosas eigene Ermittlungen werden immer wieder durch Privates unterbrochen: Gedanken zu ihrer Trennung, zu ihrem Kinderwunsch, zum neuen Partner bei der Ermittlung, zu ihren Freunden, ihrer nicht ganz einfachen Familie und vor allem zum Kochen, Gärtnern, Schwimmen und Geniessen. Es ist eine eigenwillige und zugleich unverwechselbare Art, einen Krimi zu erzählen. Der Fall selbst verschob sich dabei für mich fast in den Hintergrund. Mehr Freude hatte ich daran, mit Rosa Zürich zu erkunden, auch kulinarisch (und was hätte ich mir gewünscht, die erwähnten Lebensmittelläden etc. seien real!).
Kobler wechselt nicht nur Perspektiven, Zeit und Raum, ihr Opfer nimmt am Abend vor seinem Tod auch Drogen, was sich auf seine Wahrnehmung und die Erzählung auswirkt.
Spannend an dem Fall ist die Verbindung des Opfers zu einem vielversprechenden Start-Up, dem es scheinbar gelungen ist, korrigierend in unser Erbgut einzugreifen. Demnach wäre es möglich, bei künstlichen Befruchtungen die DNA so zu verändern, dass Erbkrankheiten verhindert werden könnten. Was aber eine Reihe ethischer Fragen nach sich zieht, die Kobler hier thematisiert.
“Tiefes, dunkles Blau” ist ein Krimi, bei dem weniger die Erfassung des Täters, als vielmehr das Privatleben der Ermittlerin und die Frage nach dem Preis wissenschaftlichen Fortschritts im Vordergrund stehen. Ich bin jedenfalls schon auf den zweiten Fall gespannt, wie es mit Rosa Zambrano weitergeht und was genau damals passiert war, dass sie den Job bei der Kripo aufgab.