Nach einer erfolglosen Saison nach der anderen freunden sich vier Mauerblümchen an, um sich gegenseitig mit ihren Problemen in der englischen Gesellschaft zu helfen und endlich einen Mann zu finden. Dazu gehören Annabelle, deren Familie nach dem Tod ihres Vaters verarmt und kein Geld für eine Mitgift für die bevorstehende Heirat hat, Lillian und ihre Schwester Daisy, welche als amerikanische Einwanderer zwar Geld haben, aber keine Ahnung von der höfischen Gesellschaft in London und die stotternde Evie, welche Dank der ihrer Verwandtschaft kein Selbstvertrauern mehr hat. Beginnen wollen sie mit Annabelle, der ältesten mit 25 um sie davor zu retten, eine Mätresse für einen der vielzähligen Herren zu werden, die keine Absicht haben zu heiraten. Auf einer geschlossenen Gesellschaft auf Lord Westcliffs Anwesen suchen sie nach dem perfekten Kandidaten für Annabelle, doch auch der herrische und unadlige Unternehmer Simon ist zugegen und schleicht sich langsam immer wieder in die Gedanken von Annabelle und begibt sich, sehr zum Leidwesen von Annabelle, die ihn nicht ausstehen kann, ebenfalls ins Rennen um ihr Herz.
Ehrlich gesagt habe ich dieses Buch sehr lange auf meinem Sub gehabt, bevor ich endlich den Mut hatte, mit dem Lesen zu beginnen. Aus Neugier habe ich an mir Teile des Hörbuches vom ersten Teil der Bridgerton-reihe angehört und war dermassen enttäuscht, dass ich Angst hatte, dass dieser Roman ebenfalls so schlecht sein wird. An meiner Bewertung könnt ihr sehen, dass ich damit definitiv falsch lag. Ich habe das Buch innerhalb eines Tages durchgelesen und war positiv überrascht über die Vielfalt und Tiefe der Figuren und auch der tatsächlich sehr gesunden Beziehung von Annabelle und Simon, sodass ich definitiv auch die weiteren Teile lesen muss. Der Stil der Erzählung ist einfach und so schnell zu lesen und auch die Aufteilung ist gut gemacht, sodass es nicht langweilig wird. Die Autorin neigt nicht zu langen Ausschweifungen, was ich als Leserin angenehm fand, und hatte einige grossartige Ideen, welche beim Lesen unheimlich Spass gemacht haben.
Überraschend für mich war vor allem die Gesellschaftskritik, die unterschwellig angemerkt wird. Stände sind nicht mehr zeitgemäss und werden vor allem durch die Arroganz der Adligen aufrechterhalten. Immer mehr der adligen Familien verarmen durch schlechte Investitionen und Investitoren wie Simon Hunt können durch grosses Geschick an sehr viel Geld kommen, wenn sie in den technologischen Fortschritt investieren. Auch die Frauen erheben Kritik an ihren gesellschaftlichen Rollen, wie zum Beispiel das Tragen von unpraktischen Röcken oder dem Verhalten während des Aktes. Die Autorin schafft es, die Welt in ihrem Wandel zu schnappen und zu Papier zu bringen und verleiht so auch ihren Figuren mehr Charakter. Es geht nicht nur darum eine Ehe zu schliessen, sondern auch um die Persönlichkeiten der Frauen und Männer, die ihre Frauen wahrlich lieben.
Die Mauerblümchen Annabelle, Lillian, Evie und Daisy entwickeln durch ihren Status als Mauerblümchen, also Frauen, welche auf formellen Anlässen der Heiratssuche auf den Stuhlreihen am Rand der Veranstaltung sitzen und kaum Kontakt zu Männer haben, eine wunderbare Freundschaft. Sie ermutigen sich gegenseitig und helfen sich aus, was sich unteranderem dadurch zeigt, dass die Schwestern Lillian und Daisy Annabelle neue Kleider schenken, damit sie einen besseren Eindruck von sich und ihrer Familie machen kann. Dafür zeigt Annabelle den Schwestern, wie man sich in England zu verhalten hat. Ihre Dynamik ist während dieses ersten Buches wunderbar und bringt das Beste in den Frauen hervor. Auch wenn gewisse Absichten grenzwertig sind, so zum Beispiel der Plan einen jungen Herren zu einer Heirat zu zwingen, so unterstützen sie Annabelle doch bei ihrer Entscheidung und erfreuen sich an ihrem Glück. Schade ist ein wenig, dass die Liebe zwischen Simon und Annabelle nur einseitig erzählt wird. Simon, der sein Glück schon vor dem Plot immer wieder versucht hat, wird ständig von Annabelle abgewiesen. Ich hätte mir da ein wenig mehr Gründe gewünscht, weshalb er sich in sie verliebt hat.
Grundsätzlich fand ich Annabelle und Simon ein wunderbares und starkes Paar, welches sehr gut zueinander passt. Auch der Rest des Buches ist stimmig und gibt einem ein gutes Gefühl. Es ist nicht übermässig schnulzig und fühlt sich dreidimensional an. Egal was ihr von den Bridgerton-Romanen haltet, wer einmal eine historische Romance Geschichte oder Reihe lesen möchte, der ist mit diesem Buch sicher sehr gut beraten. Auch bei mir wird es definitiv nicht bei diesem einen Buch bleiben und ich freue mich schon auf die weiteren Teile und ich bin froh, meine Angst überwunden zu haben, denn ansonsten hätte ich dieses Juwel nie entdeckt. 🙂