Thomas Mann braucht unerträglich viele Seiten, um den Niedergang einer hoch angesehenen und erfolgreichen Familie zu beschreiben. Unerträglich viele Seiten. Dass das auch anders geht, beweist Giuseppe Tomaso di Lampedusa mit seinem „Gattopardo“. Er breitet das Panorama des südlichen Italiens aus – mit allem, dem Zauber, dem Reichtum, der Magie, führt uns in das Personal ein, und gleich wird klar, es wird zerbrechen, alles wird zerbrechen, weil der junge Ziehsohn des Adelsgeschlechts sich nicht in die dafür vorgesehene Dame verliebt, sondern eine verführerische, schöne, aber bürgerliche Herzensdame auswählt. Alles ist von kurzer Dauer in diesem meisterhaften Roman, der wie ein Stilleben des Barock ist – reife Früchte, bald welke Blumen, ein Totenschädel, eine abgebrannte Kerze, eine angeschnittene Zitrone – man kann es überblicken und versteht die Faszination, die davon ausgeht, dennoch nicht. So ergeht es mir auch beim Leopard – fassen kann ich den Roman nicht, aber dass er grossartig ist, ist unbestritten!