Vorweg, möchte man eine leicht verständliche Einführung in gängiger Theorien zu diesem Thema, erhält man mit diesem Buch eine Übersicht und findet danach sicher weitere Literatur dazu. Falls man es noch nicht weiss bietet es vielleicht sogar eine Erklärung warum man gerade in einer Krise steckt und erstarrt ist. Auch das Wissen das man damit bestimmt nicht alleine ist kann einem Mut machen. Hilft es dir in einer akuten Kirse, aus meiner Sicht ganz klar NEIN.
Bevor ich dieses Buch kaufte habe ich diverse sehr lobende positive Rezessionen dazu gelesen. Beim Durchlesen bemerkte ich schnell, dieses Buch zur Persönlichkeitsentwicklung mag etwas in Gang bringen bevor man in einer Krise steckt und sich mehr selbstreflektieren möchte. Steckt man jedoch aktuell in einer Krise mit allen lähmenden, ängstigenden, zermürbenden und isolierenden Beigeschmäckern dann empfehle ich mit meinen Erfahrungen dieses Buch beiseite zu legen und lieber spazieren zu gehen oder sich einem anderen Interesse zu widmen das einem gut tut. Auch der Autor erwähnt im Vorwort knapp es sei dann besser einen passenden Therapeuten aufzusuchen.
«Seien Sie gewiss: Ich kenne Ihren Schmerz» S. 11 ….»Mir geht es zentral darum, Ihnen das Wesen der Krise so zu beschreiben, dass Sie aus dem klareren Verständnis der Krise ruhiger und besser mit ihr umgehen können und dadurch ganz konkret alternatives Verhalten zu Ihren bisherigen Umgangsstrategien entwickeln. Zu diesem Zweck werde ich Sie an die Hand und auf eine Reise nehmen, um moderne Konzepte der Verhaltenstherapie primär der Akzeptanz- und Commitment Therapie (ACT), neueste Erkenntnisse der Kognitions- und der Neurowissenschaften oder der Evolutionsforschung zur ….» S, 13 «Und denken Sie bitte bei der Lektüre des Buches immer daran, dass ich aus einem verhaltenstherapeutischen Kontext mit Ihnen spreche.» S. 23 «Machen Sie also aktiv eine Unterscheidung zwischen Ihrer Reaktion und der Beobachtung und Beurteilung Ihrer Reaktion. Ich bin als Therapeut der festen Überzeugung das ein Bewusstsein dieser Unterscheidung Sie aktiv unterstützt, die eigene Ohnmacht und Verzweiflung in einem anderen Licht zu sehen.» S. 53
86 Seiten zum Thema wie dieses Buch zur Anwendung gedacht sei. Ich fragte mich ob sich der Herr Kuntze einfach gerne selber reden hört oder ihm entgangen ist dass ein Hirn in der Krise nicht dieselbe Aufnahme- und Verarbeitungsleistung hat. Vielleicht wurde Ihm auch während des Schreibens bewusst dass der Titel gerade auch jene Menschen anzieht die wirklich Unterstützung benötigen und er eine Verantwortung als Therapeut hat.
Im 2. Teil folgten dann wirklich 10 Interventionsübungen, leider auch hier verpackt in ellenlangen Erklärungen die eher an Studenten im 1. Jahr gerichtet waren als ein unkompliziertes Hilfsmittel für Menschen in einer Krise. Danach ging es mit Worterklärungen weiter so etwas wie Gegenüberstellungen Gedanken vs Sorgen; Schmerz vs Leid.
Der Plan des Autors die Leserschaft die Aufgaben im 3. Teil selbst machen zu lassen fand ich gut warum er dann die Aufgaben nicht komplett von dem «Umschweifigen» trennte kann ich nicht nachvollziehen. Herr Kuntze spricht während diesen Aufgaben weiterhin direkt zum Leser und erklärt diesem dessen Denken und Fühlen so wie wann man denken soll und wann denken negativ sei. Für mich war es klar die falsche Weise, auf mich wirkte seine Art sich direkt an mich als Leser zu richten eher belehrend ja geradezu herablassend anstatt aufklärend und ermutigend. Ich hatte während dem ganzen Buch nie den Eindruck dass er persönliche Erfahrungen mit lebensverändernden Krisen hatte. Das ich Ihn als unglaubhaft empfand sorgte während des Weiterlesens natürlich erstrecht dazu die gebotenen Mittel kritisch auf Ihren praktischen Nutzen zu überprüfen.
«Nach soviel strenger Begrifflichkeit und intensiver Vokabelarbeit jetzt eine praktische Übung ohne viel Vorrede. Die Erläuterungen folgen dann, nachdem Sie die Übungen gemacht haben.»
Okay so für sich genommen könnte man das ja noch stilistische Freiheit nennen. Leider wurde im Vorwort sowie auch im 1. Buchteil bereits erwähnt dass es im 3. Teil praktische Übungen gibt und die danach erklärt werden. und all das zu lesen während das eigene Denken ziemlich im Nebel ist und oft wie eine kaputte Schallplatte hängen bleibt ist geradezu ne Qual. Auch wird der Autor es nie müde dem Leser zu sagen das unser kritischer Verstand es ablehnen wird diese Übungen ernst zu nehmen. Was meinen Widerstand mich darauf einzulassen zugegebenermassen noch weiter verstärkte und auch lange nach der akuten Krise als ich dem Buch nochmals eine Chance geben wollte nicht weniger wurde.
Mein Fazit: Interessiert dich das Thema Krisen und Selbstreflexion kann dir das Buch einen zusätzlichen interessanten Lesestoff bieten hingegen Finger weg wenn du wirklich Hilfe erhoffst. Aus meiner Sicht braucht es eine andere Herangehensweise wenn man die Erfahrungen aus der Therapeutischenpraxis in eine praktisch und selbständig anwendbare Form für Menschen während einer Krise bringen will.