Warum sie nicht schon lange davongelaufen ist, mag einen wundern, ja, wären da nicht die Kinder und die pflegebedürftige Grossmutter, die alle Kräfte der Mutter absorbieren. Und das bei einem Mann, der seine Frau als nicht vorzeigbar hält, weil sie zu viel auf die Waage bringt, was er dann auch hin und wieder kontrolliert und dem er für alles und jedes die Schuld zuweist. Das alles spielt sich in den Achtzigerjahren und ist geschildert aus der Sicht des Mädchens, das mehr mitbekommt, als es sollte, und sich entsprechend Sorgen macht und dunkle Ängste ausstehen muss. Ihr Kindeseinkommt zu kurz, immerhin ist da noch das vernachlässigte Nachbarmädchen, das bei ihnen auch noch Unterschlupf findet. Wie ein echter Macho verhält sich der Mann, unausstehlich, despotisch, und der Mutter gelingt es nur langsam, mit unermüdlicher Selbstverleugnung bis ans Ende ihrer Kräfte, dennoch für sich und ihre Kinder zu sorgen und dabei nicht unterzugehen.
Eingestreut sind immer wieder Kommentare der nun erwachsenen Tochter zu dem, was sie im Rückblick erkennt. Einfühlsam werden die Seelenzustände der Tochter geschildert, eindrücklich auch die sozialen Normen, wie sie verinnerlicht dem Leben im Weg stehen. Eine zähe, eindrückliche Befreiungsgeschichte.