James Baldwin steht dieses Jahr auf meiner Liste von Autor*innen, die ich für mich entdecken möchte. Den Anfang macht sein erstmals 1963 erschienene Essay-Ausgabe “Nach der Flut das Feuer”.
Das Buch ist aufgeteilt in einen Brief, den der Autor an seinen Neffen geschrieben hat, und in ein längeres Essay. In beiden beschäftigt er sich mit dem strukturellen Rassismus, dem Schwarze ausgesetzt sind. Er betrachtet die historische Seite, die Gründe für den andauernden Rassismus, legt die Auswirkungen für Schwarze und für die gesamte Bevölkerung dar, blickt auf vermeintliche religiöse Heilsbringer und fordert sein Publikum auf, alles zu wagen, um “diesen rassistischen Albtraum zu beenden”.
Er schreibt prägnant, wohlüberlegt und mitreissend. Beide Teile kann ich mir auch als öffentliche Ansprache vorstellen. Wichtig ist ihm, keinen Hass zu schüren und entsprechend setzt er sich mit Bewegungen, die er kritisch sah, ruhig und eloquent auseinander.
Tragisch an “Nach der Flut das Feuer” ist, dass sich trotz wichtiger Fortschritte die Situation für Afroamerikaner immer noch nicht nennenswert verbessert hat - ob nun wirtschaftlich, politisch oder privat - und James Baldwins Werk auch 60 Jahre nach Erscheinen nichts an seiner Relevanz, an seiner Dringlichkeit eingebüsst hat.
Ein sprachlich und inhaltlich beeindruckendes Manifest. Ein Buch, dessen Botschaft wir uns zu Herzen nehmen sollten.
Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow und mit einem Vorwort von Jana Pareigis.