Wer bereits andere Titel von Ellen Sandberg gelesen hat, weiss, nach welchem Schmea sie in ihren Romanen arbeitet: eine junge Generation, die sich um Aufklärung von Familiengeheimnissen gemüht, welche ihr eigenes Leben beeinflussen. Ihre Mittel sind Kapitel im Heute und Rückblenden zu vergangenen Geschehnissen,
In “Das Geheimnis” geht es um die fast 60jährige Ulla, die entscheiden muss, ob sie das kleine Haus ihrer verstorbenen Mutter Helga verkaufen will. Zwischen Mutter und Tochter war es vor Jahrzehnten zum völligen Bruch gekommen, als Ulla ein neunjähriges Kind war. Sie verstand die totale Zurückweisung durech ihre Mutter nicht und bemühte sich fortan zwanghaft um ein Leben, das zuerst ihrem Vater, später ihrem Mann keinen Grund für Zurückweisung bieten sollte. Das Zurückgewiesenwerden ist Ullas Trauma. Jetzt wird Ulla von ihrer eigenen Tochter Sandra zurückgewiesen und such t verzweifelt nach Gründen dafür bei sich selbst. Für die Entscheidung zum Hausverkauf muss sich Ulla der Frage stellen, was genau mit ihrer Mutter Helga geschehen war, die als Künstlerin in einer Kommune am Chiemsee gelebt hatte. Warum konnte sie ihr Kind nicht lieben? Warum zerfleischte sie sich in ihrer Kunst? Warum spielte sie ständig mit dem Tod?
Die Autorin beschreibt ihre Figuren sehr eindrücklich und hautnah und stellt sie in ein Zeitgeschehen, welches die Leser von Kapitel zu Kapitel tiefer in seinen Bann zieht. Kein Krimi und doch viele Züge eines Krimis. Eine Tragödie im klassischen Sinne. Das Buch löst auch tiefe Betroffenheit aus, vor allem jetzt, da wir täglich von Kriegesgreueln lesen. Und wir vielleicht eigene Unfähigkeiten in unserer eigenen Familiengeschichte erkennen