Martina Clavadetscher gibt Frauen bekannter Gemälden eine Stimme. Das ist mal poetisch, ängstlich, wütend, selbstbewusst, amüsiert, stolz oder voller Stärke und immer hochinteressant, fesselnd, lehrreich und kurzweilig.
19 Porträts hat sie ausgewählt, Hintergrundinformationen dazu gesichtet, die Namen der Porträtierten ausfindig gemacht und sie in der Ich-Perspektive erzählen lassen von ihrem Leben vor und nach dem Porträt, wie es zu der Sitzung kam, der Gesellschaft zu ihrer Zeit, ihren Träumen und Wünschen. Manche Berichte kreuzen sich dabei und ergänzen sich - es ist ein absolut faszinierendes Buch! Dabei ist sich Clavadetscher durchaus der Hybris bewusst, denn auch sie zeichnet ja mit ihren Wörtern ein Fremd-Bild der bereits Verewigten.
Auch sprachlich ist ihr neues Werk wieder zutiefst beeindruckend. Ihre Frauen klingen so verschieden, sie spielt mit Prosa und Lyrik, Tempo, Gegensätzen und so vielem mehr.
“Vor aller Augen” ist ein Buch, in das ich vermutlich immer wieder reinlesen werde, weil es so viel zu bieten hat. Ich bin begeistert und kann es nur empfehlen!