Der freie Schriftsteller Alain Claude Sulzer aus Bsel, 1953 geboren, war mir bis dato unbekannt, dies, obwohl er für sein Werk u.a. bereits den Hermann-Hesse-Preis erhielt.
Bei «Doppelleben» geht es um eine Geschichte, die auf einer wahren Grundlage basiert, aber keine Biografie ist. Im Fokus stehen die Brüder Edmond und Jules de Goncourt die den Prix Goncourt, einen der bedeutendsten Literaturpreise Frankreichs gestiftet haben und um das Doppelleben ihrer Haushälterin.
Zu Beginn war mir das zwillingsgleiche Leben der Brüder Goncourt etwas gar fremd. Alles wird geteilt. Das Haus, die Gedanken, die Arbeit, die Geliebte. Alles unternahmen sie zusammen. Gemeinsam führten sie ein geheimes Tagebuch und lästerten über alle und alles. Die Haushälterin mit dem Doppelleben wird unter anderem treffend so beschrieben: «Ein Bild von Rose gab es nicht. Niemand hatte Rose je porträtiert, gar fotografiert. Wenn ihr Gesicht irgendwo lebte, dann in der Erinnerung der anderen: ein Gesicht, als hätte jemand eine Zeichnung zerknüllt und dann hastig wieder glattgestrichen.» Für die Brüder gehörte ihre Haushälterin zum Hausstand wie ein Möbelstück. Deshalb merken sie auch nicht, dass die Alkoholsüchtige ihre Dienstherren regelmässig bestiehlt. Ein Kind austrägt, es liebt und später sogar verliert. Erst als sie stirbt geht den Brüdern ein Licht auf.
Als Jules, der eine Bruder, unheilbar erkrankt nahm das Buch für mich eine sehr spezielle Wendung. Die detaillierte Beschreibung der letzten Tage eines schwer erkrankten Menschen bis hin zu seinem Ableben ist derart bildhaft und einfühlsam geschrieben, dass es mir unter die Haut ging.
Fazit: „Doppelleben“, besticht durch seine einfühlsame Sprache, seine Bildhaftigkeit, manchmal auch durch Ironie und das Verbinden eines historischen Hintergrunds.