Veronica Torres ist eine Ex-Polizistin einer Mordkomission und hält ihrem betulichem Boss Carvano als reine administrative Kraft den Rücken frei, damit dieser seine Energie darauf verwenden kann, sich ja in keine kriminalistische Fälle zu stürzen. Er verwaltet Stillstand und lässt Kriminalität Kriminalität sein. Als eine junge Frau gedemütigt von einem Betrüger aus dem Fenster stürzt, platzt Veronica der Kragen. Sie beschließt, ihr Dasein als rein administrative Kraft durch Job-Enrichement zu erweitern, und stürzt sich in Ermittlungen. Wie sie zusätzlich noch einen anonymen Anruf erhält, indem eine Frau andeutet, dass ihr Mann furchtbare Dinge tut und Mörder ist, beginnt Torres auch hier hinter dem Rücken ihres Bosses zu ermitteln. Die Anruferin wird von ihrem Mann eingespannt, um Mädchen vom Land als Hausmädchen anzuwerben, die er später foltert. Verò, wie unsere Ermittlerin gerufen wird, ist Tochter eines korrupten Polizeichefs, und mit ihrem Chef teilt sie ein dunkles Geheimnis, was den fingierten Tod des Vaters anbelangt. Vor lauter Ermittlungen vernachlässigt sie ihre Familie. Die Geduld ihres stoischen Mustergatten wird zunehmend strapaziert, doch auch hier darf die Leser*innenschaft Geheimnisse vermuten. Beide Fälle entwickeln eine dunkle gewaltsame Eigendynamik, die nekrophilen und makabren Elemente des Buches strapazierten meine Begeisterung für diesen Krimi zusehends, aber der Plot ist derart spannend , dass man weiterlesen will. Dem Autorenteam gelingt ein hochspannender Pageturner, der von Netflix übernommen wurde. Die Täterbiographien sind meisterhaft ambivalent gesponnene Profile. Veronica Torres hingegen ist eine eigensinnige Einzelkämpferin, die ihre Ermittlungen im Geheimen fortführt und mit ihren weiblichen Waffen reihum Kollegen für die verheimlichten Ermittlungen bezirzt, ihre Familie hintergeht und die Leute gefährdet, die sie vor dem Bösen schützen will. Ist sie eine Heldin, die sich im korrupten Sumpf der brasilianischen Polizei in einer Machogesellschaft durchsetzt? Ist sie dunkle Rächerin für die weiblichen Opfer der zahllosen Täter in Sao Paulo? Man kann sich an dieser Figur reiben, und liest weiter, weil sie so mutig und eigensinnig gegen die dunklen Mächte kämpft. Woran das Buch eindrücklich erinnert: In Brasilien ist die Gewalt gegenüber Frauen weit verbreitet und die unzähligen Fälle häuslicher und sexueller Gewalt werden häufig nicht verfolgt.