Monet war schon seit meinen Jugendtagen ein Künstler, der mich faszinierte. Ich mochte seine Bilder, sie waren natürlich und romantisch, und es bleibt eine unvergessliche Erinnerung, wie ich mit meinen Eltern Mitte der 90er in Paris die Seerosenbilder gesehen habe. Riesig, monumental, einzigartig. Vom Leben des Künstlers selbst sind mir nur einzelne Ereignisse im Gedächtnis geblieben. So war es eine schöne Gelegenheit, das neue Buch von Claire Paulin zur Hand zu nehmen, und abermals einzutauchen in die Familiengeschichte der Monets.
Wir beginnen in Rottembourg, auf dem Stammschloss der Familie Hoschedé-Raingo. Blanche und ihre Schwestern und Brüder verbringen eine unbeschwerte Kindheit. Der Vater ist ein angesehener Kaufmann und die Mutter eine Adelige. Blanche ist hingerissen vom Bildnis der Frau, die in Vaters Arbeitszimmer hängt: Camille im grünen Kleid. Der Maler und Ehemann dieser Dame wird sie bald besuchen kommen und im Garten des Schlosses malen. Die ganze Familie freundet sich mit ihm an. Doch bald beginnen schwierigere Zeiten. Der Vater kann seine Schulden nicht mehr abbezahlen, die Mutter findet Unterschlupf bei den Monets. Als Camille stirbt, übernimmt Alice ihre Stelle, später wird sie Papa Monet heiraten. Mit ihm erlebt sie Tage in Armut und Tage des Überflusses. Blanche verfolgt und beschreibt die Entwicklung, sie ist unsere Chronistion, wir begleiten sie durch all ihre Jahre, als Kind, als Jugendliche, als Verliebte, als Verheiratete, als Witwerin. Sie beobachtet, und sie malt. Papa Monet, der niemandem Unterricht gibt, lässt sie als eine der ganz wenigen an sich heran, während er malt. Sie lernt von ihm durch Zusehen.
Ich mochte den ruhigen, unaufgeregten Blickwinkel des Buches. Am Anfang spürt man das Kind in den beschriebenen Dialogen, dann wird sie nach und nach erwachsen, erklärt sich nach und nach ihre Welt. Der Fokus liegt dabei immer auf ihr, was Monet in seinen künstlerischen und politischen Freundeskreisen diskutiert und erarbeitet, wird nur erw¨ähnt, wenn es Blanche betrifft. So erfahren wir viel über den Privatmann Monet. Das Buch ist dennoch nicht überfrachtet, sondern leicht lesbar. Ein Genuss!