Der Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah verpackt hier eine riesige Menge von Schilderungen in eine Familiengeschichte über Flüchtige, Asylsuchende und Migrantenschicksale, die auf unterschiedlichste Weise und Pfaden unterwegs sind.
Alles beginnt am Flughafen von London. Ein älterer Herr aus Sansibar bittet um Asyl. Hier kommt erstmals die List, aber nicht zum letzten Mal, ins Spiel. Der Mann gibt vor, der englischen Sprache nicht mächtig zu sein. Aus dieser Situation heraus entwickelt Gurnah eine Geschichte um einen Afrikaner, der in Europa seinen Weg sucht und dabei auch auf seine Vergangenheit trifft.
Im weiteren Verlauf des Romans wird für mich ein schon fast nicht mehr fassbares «Wimmelbild» gezeichnet. Dazu zähle ich hier lediglich ein paar wenige Stichworte auf: Rache, Betrug, Verlust, Neid, List, Tradition des ostafrikanischen Lebens, Handelsbeziehungen über Kontinente, politische Willkür, wirtschaftlicher Ruin von Ländern, religiöse Bildsprachen; dazu ein Beispiel, Zitat: «In den höheren Lüften herrscht immer grosse Aufregung, weil dort Gott und seine Engel wohnen und die hohe Politik erörtern und Verrat und Aufruhr aushecken. Zufällige Lauscher oder Spitzel oder Selbstsüchtige sind Ihnen nicht willkommen, und das Schicksal des Universums verdüstert ihnen die Brauen und lässt ihr Haar weiss werden. Als Vorsichtsmassnahe entfesseln die Engel dann und wann einen ätzenden Regenschauer, um übelwollende Lauscher mit der Drohung entstellender Wunden abzuschrecken.» Es kommen dann noch Schilderungen anderer religiöser Darstellungen dazu.
Ich gehe davon aus, Gurnah wollte mit diesem Roman etwas aus seiner Lebensgeschichte heraus aufzeichnen. Dass er dazu das sprachliche und handwerkliche Wissen hervorragend umsetzen kann ist für mich nicht das Thema. Persönlich ist für mich die angebotene Geschichte zu überladen. Weniger ist halt manchmal tatsächlich mehr.