“Die dunkelste Stunde” ist eine Art umgekehrter historischer Roman, bei dem geschichtliche Tatsachen mit literarischen Mitteln angereichert einen tieferen Blick in die Seelen der Protagonisten erlaubt, als die reine historische Quellenlage. Anthony McCarten hat sich intensiv mit den ersten Wochen von Churchills Amtszeit als Premier auseinandergesetzt und recherchiert, wie nahe Grossbritannien einem Friedensvertrag mit Nazi-Deutschland gekommen ist und warum sich Churchill, anscheinend gegen jede Vernunft und beträchtlichen Widerstand, dagegen entschieden hat. Gerade die literarischen Freiheiten, die sich McCarten nimmt, zeigen Churchill als den Menschen hinter der Legende und wie er mit unglaublicher Willenskraft, politischer Raffinesse und schamlosem Populismus die wichtigsten Entscheidungen des Zweiten Weltkriegs getroffen und ausgehalten hat.
Dabei wird Churchills Persönlichkeit anders als im Film nicht unnötig beschönigt, sondern mit allen Ecken und Kanten gezeigt.
Schade nur, dass sich das Buch auf die entscheidenden Monate im Mai 1940 konzentriert. Es ist zwar angenehm kurz und knackig, aber leider bleibt viel historischer Kontext auf der Strecke. Ich für meinen Teil habe den mit Max Hastings “Finest Years - Churchill als Warlord 1940-1945” nachgeholt.