Inhalt:
Seit Sophie’s Mann vor vier Jahren in den Krieg zog, hat die Müllerstochter nichts mehr von ihm gehört. Obwohl auch nach Kriegsende immer noch kein Lebenszeichen von ihm kommt, wartet sie weiter treu auf ihn. Sie hilft ihrem alternden Vater mit der Arbeit in der Mühle und führt zusammen mit der Magd Martha den Haushalt. Als jedoch eine kopflose Leiche im Mühlengraben gefunden wird, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Nach diesem Vorfall geschehen rund um die Mühle eigenartige Dinge und Martha ist überzeugt: Das muss ein Mühlengeist sein. Sophie die nichts auf Aberglauben gibt, glaubt dass es eine natürliche Erklärung dafür geben muss. Was wird sie heraus finden?
Meine Eindrücke:
Nachdem mich bereits das Buch “die Kannenbäckerin” der Autorin, restlos überzeugen konnte, freute ich mich umso mehr, erneut in die Welt rund um den Westerwald einzutauchen. Die Geschichte spielt nach Ende des 30. jährigen Krieges. Annette Spratte ist eine grossartige historische Schriftstellerin. Dem Leser wird bald bewusst, wie intensiv sich die Autorin mit der Materie beschäftigt haben muss. Man merkt, dass sie keine Zeit und Mühen für die Recherechen gescheut hat. Ihr Schreibstil ist der jeweilligen Zeitepoche auf beeindruckende Weise angepasst. Und doch bleibt er leicht verständlich und flüssig. Frau Spratte ist eine geborene Wortkünstlerin und hat mich mit ihren schönen und bewegenden Beschreibungen erneut mitgerissen. Die eigens für das Buch geschriebenen Gedichte sind eine weitere Besonderheit und haben mich tief berührt. Ihr merkt schon ich bin wirklich begeistert!
Nicht nur in die Nachforschungen hat sie viel Zeit und Liebe investiert, sondern auch in die äusserst gelungenen Buchfiguren. Zuerst einmal haben wir Sophie, die einfach ein absolut gütiges Herz hat und innerhalb des Buches, eine beeindruckende Entwicklung durchmacht. Dann gibt es die alte Magd Martha, sie besticht vorallem durch ihren herrlich trockenen Humor und ihrer Gabe im richtigen Moment etwas zu sagen oder eben auch nicht. Auch der Müller Lehrling Konrad und Sophies Vater sind liebevoll und sehr passend ausgearbeitet. Sophie’s starkes Gottvertrauen und Martha’s Aberglauben stehen im krassen Gegensatz zueinander und doch ist in der Mühle ein freundliches miteinander möglich. Für uns Leser ist dies eine geglückte Bereicherung. So erfährt man von Sagen und alltertümlichen Bräuchen aus längst vergangener Zeit und sogar etwas Kräuterheilkunde. Auf der anderen Seite bereichert Sophies unerschüttlicher Glaube die Geschichte.
In diesem Buch werden ausserdem sehr wichtige Themen wie häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe behandelt. Sie wurden sehr lebensnah in die Geschichte integriert. Die Gefühle der Betroffenene, wie Scham und falsche Pflichtgefühle werden authentische geschildert. Man fühlt und leidet mit den Protagonisten mit. Die Autorin hat die richtige Mischung gefunden von der Brutalität, die die Betroffenen erleben zu erzählen ohne zu lang oder ausführlich davon zu berichten.
Ist das erste Drittel des Buches eher ruhig zu nennen, zieht sich danach die Spannung bis zum Schluss durch. Ich versank regelrecht in den Buchseiten und konnte das Buch zum Ende mit einem Lächeln schliessen.
Mein Fazit:
Eine erstklassige Geschichte die unter die Haut geht und nicht so schnell in Vergessenheit gerät! Ich habe dieses besondere Leseerlebnis sehr genossen und vergebe dem Buch gerne wohlverdiente 5 Sterne!