Gestern kam ich nicht zum Schreiben und habe ausserdem festgestellt, dass ich keine Nachrichten in der Mailbox bekomme über den Verlauf der Leserunde.
Gleich auf der ersten Seite nimmt mich die Autorin gefangen. Da springen so viele Fragen auf, warum Hélüne die Bretagne seit 20 Jahren derart aus ihrem Leben gestrichen hat, dass sie selbst in Paris den Bahnhof Montparnasse und die angrenzenden Strassen meidet.
Ich mag die Art, wie Claire Léost erzählt - allerdings hege ich Verdacht, dass mir das Buch in Französisch wesentlich besser gefallen würde. Einige von Euch stören sich an den Vergleichen und es sind gerade sie,die für mich darauf hinweisen, dass es die Übersetzer “zu gut gemeint” haben. Sehr oft sind französiche Denkbilder, welche gängig sind, im Deutschen fremd und “sperrig”. Das war auch für mich der Grund, warum ich beispielsweise das Buch von Mélissa da Costa “Les Lendemains” ( in Deutsch "Apfeltage) nach einer deutschen Leseprobe sofort in Franzsöisch kaufte, da mir die deutsche Übersetzung nicht gefiel.
Mir gefällt die Art, die Personen quasi zu skizzieren, statt sie breit in Worten auszumalen. Die Region, das Finistère, in der Bretagne ist mir allerdings nicht bekannt, da ich genau dort noch nicht gewesen bin, und Léost zeichnet uns ein Bild verbissener Rückständigkewit. Das “Geschlossene” vermag die neue Lehrerin bei Hélène aufzubrechen, die nun gerne über den Dorfrand hinausschauen möchte, was sicher in Bois d’en Haut nicht gut ankommt. Man erkennt es schon an Yannicks Reaktionen, der sich umso mehr auf das Bretonische festbeisst, je mehr Hélène sich für die Welt öffnet.
Odettes Schicksal nimmt mich sehr mit, obwohl es im Frankreich dieser Zeit leider kein Ei8nzelschicksal gewesen ist. Die Autorin führt diesen Erzählstrang wie eine Zäsur ein. Ich vermute, dass die Vergewaltigung und die Wegnahme ihrer Tochter sofort nach der Geburt die junge Odette innerlich zerstört haben. Ich bin gespannt, was wir über ihr weiteres Leben erfahren.
Die hochintelligente und gebildete Marguerite taucht in der Geschichte wie ein schillernder Schmetterling auf, fremd, elegant und so ganz anders als die Frauen in Bois d’en Haut! Woher kommt sie - über ihre Kindheit wird nichts gesagt. Ich vermute ebenfalls, dass Marguerite die totgesagte Tochter von Odette sein könnte. Ich denke aber auch, dass die Autorin uns keine kitschige Geschichte vorsetzen wird, in der sich Mutter und Tochter glücklich finden.
Yannick sollten wir im Auge behalten - was spielt er für eine Rolle?